„Der Kinematograph,

genannter Apparat zur Erzeugung der „lebenden Photographien“ hat das lebhafteste Interesse aller Schausteller hervorgerufen; für einige Zeit ist mit der Vorführung dieser Bilder zweifellos ein lohnendes Geschäft zu machen, wenn man in der Lage ist, eine gute Vorstellung zu bieten. Die Berliner Fabrikanten haben die Herstellung des in Deutschland nicht patentirten Artikels in die Hand genommen und auch schon reichlichen Absatz erzielt. Gerade in diesen Tagen waren außer Reflektanten aus Nürnberg, Bremen, Hamburg, Danzig auch solche aus Wien, Italien und namentlich Rußland in Berlin. Ganz leicht wird aber die Wahl des Apparates den Herren nicht gemacht ! Zunächst ist die Preis-Differenz eine kolossale. Während ein sonst mit Kaiser-Panoramen arbeitender Herr den Kinematographen für 5000 Mk. verkauft hat, wird ein unter den Linden in Berlin ausgestellter schon für 600 Mk. angeboten. Die Vorführung des Letzteren entsprechen diesem Schundpreis. Wollte man dem Erfahrungssatze, daß das Theuerste sich meistens im Laufe der Zeit als Billigste erweist, folgen, so wäre man noch nicht vor Schaden sicher. Hat doch ein Berliner Generalconsul, der sich überreden ließ, auf der Gewerbe-Ausstellung einen Kinematographen auszustellen, seinen aus Paris bezogenen über 5000 Mark kostenden Apparat in die Ecke stellen müssen, weil er alle Films zerriß und derselbe unbrauchbar war. Der Spaß, mit Schaustellern in Concurrenz treten zu wollen, hat diesem Herrn fast 15000 Mark gekostet- glücklicherweise kann er sich´s leisten- ein guter Tag in seinem eigentlichen Geschäft bringt den Schaden schon wieder ein. Von den übrigen Fabrikanten fordern Meßter und Bartling á 2000 M., Försterling nur 1210 M. Hat sich der Reflectant über die Preise orientiert, so wird er die Apparate in Thätigkeit sehen wollen, und dann den wählen, der Bilder liefert, die ruhig stehen, große Helligkeit und Schärfe besitzen und wenig flimmern, der außerdem auch nicht allzu geräuschvoll arbeitet.

Kann man von einem Fabrikanten kaufen, der selbst große Erfahrungen in Projectionsvorstellungen besitzt, so wird man bei diesem einen vollständig completten Apparat erhalten, der sofort zur Vorführung verwendbar ist. Soll der Apparat zur Reise benutzt werden, so ist außerdem noch darauf zu sehen, daß das Gewicht derselben ein möglichst geringes ist, die Transportspesen für einen unnöthig massiv construirten werden im Laufe der Zeit sehr hoch. Wer kleinere Städte besuchen will, sollte stets Kalklichteinrichtung außer der elektrischen Lampe nehmen. Bleibt man in Deutschland, so ist ein Apparat zur Feuerstofferzeugung nicht nothwendig - man bezieht dieses Gas in 1000-Liter-Cylindern aus derChemischen Fabrik von Dr. Elkan, Berlin, Tegelerstraße. Dieses Quantum reicht für 12 Stunden, also etwa 50 Vorführungen sicher aus und kostet 10 M. Da man Gummisäcke dazu nicht gebraucht, so stellt sich die aus dem Cylinder, einem Reducirventil und Schlauchansatz bestehende Einrichtung sehr billig.

Die recht kostspielig werdenden Bilderfilms erfordern besonders vorsichtige Behandlung, damit die Punktur nicht beschädigt wird, auch sind sie vor allzu großer Hitze im Apparat zu schützen, da sie leicht Feuer fangen.

Für Vorstellungen in Schaubuden genügen 3 bis 4 Bilderreihen, für Saalgeschäfte müßten wenigstens 5 bis 6 vorhanden sein. Der Preis dieser Films schwankt je nach der Länge zwischen 200 bis 300 M. pro Stück.

Die gesammte Einrichtung erfordert, wenn in Berlin von Meßter oder Bartling entnommen 3000 - 3500 M., von Försterling bezogen nur 2200 - 2500 M.

Wer diese Beträge und etwas Routine im Arbeiten mit Nebelbildern zur Verfügung hat, sollte sich beeilen, von dem Goldregen, den die wunderbaren lebenden Photographien hervorrufen, etwas für sich einzuheimsen. S.“

Der Komet, 19.9.1896
 

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