Schriftenreihe der Museen
des Bezirks Schwaben,
herausgegeben von Hans
Frei, Band 11.
© Museumsdirektion des Bezirks
Schwaben, Gessertshausen 1995.
Zitate bitte mit genauer Quellenangabe
"Forschungsstelle Mediengeschichte
im internet, Universität Oldenburg" .Übernahme
von Grafiken nur nach vorheriger Absprache
Wir danken der Museumsdirektion des Bezirkes Schwaben für die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung der Beiträge.
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Hans Frei
Zur Ausstellung und zum Begleitbuch
Das Kino ist in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Genauer gesagt: "der Kino", denn die Bezeichnung "Kino" ist eine Abkürzung des Wortes "Kinematograph", der als Gerät für die Aufnahme und Projektion von bewegten Bildern die Öffentlichkeit vor 100 Jahren erstaunte und begeisterte. Doch schon lange bevor sich der Film zum Massenmedium entwickelte, ließen sich die Menschen faszinieren vom Spiel mit Licht und Schatten, von der Illusion bewegter Bilder, wie sie auf Jahrmärkten, in Gasthäusern oder Schaubuden mit verschiedenen optischen Apparaturen und Gegenständen herbeigezaubert wurden. Voller Neugier und Spannung drängten sie sich vor dem Guckkasten oder der Laterna Magica, bestaunten fremde Landschaften und Städte oder waren gefesselt von Katastrophenszenen wie Bränden, Erdbeben, Überschwemmungen.
Die Ausstellung und der erste Teil des Begleitbuches sind der Geschichte der Bilder vor der Erfindung des Films gewidmet. Neben ihrer Bedeutung als Mittel der Belehrung und Bildung spielt das Bilderlebnis in Spiel, Unterhaltung und Vergnügen eine wichtige Rolle. Grundlage der Ausstellung sind das Fachwissen und der Sammlerfleiß von Ruth Baumer und Günther Holzhey aus Nördlingen, die seit vielen Jahren die Spuren der Bildmedien vergangener Jahrhunderte verfolgen, Apparate und Materialien sammeln, restaurieren und vorführen. Ihnen gilt herzlicher Dank für Konzept, Gestaltung und Leihgaben. Als Musica Magica bereichern sie auch das Begleitprogramm im Museum.
Der Blick zurück auf die Geräte, Techniken und Erfindungen im Vorfeld des Kinos wird ergänzt durch Dokumente und Informationen über die Kinogeschichte in Schwaben. Überraschend schnell hat sich das neue Medium in Stadt und Land ausgebreitet. Über die Vorführungen des Kinematographen in Cafés und Gastwirtschaften, in Schauboden und Zirkuszelten hat der Film Eingang gefunden in umgebaute Wirtshaussäle und ortsfeste "Lichtspieltheater". Mit großem Engagement hat sich der Museumspädagoge Karl-Hermann Werner, als Leiter der Kreisbildstelle des Landkreises Augsburg mit der Mediengeschichte eng vertraut, diesem Thema gewidmet. Historiker und Volkskundler haben in Archiven und Museen Bauakten gesichtet, Polizeiberichte und Zeitungsinserate als Quellen für die lokale Kinogeschichte durchforscht. Herzlich danke ich Karl Holzhauser (Nördlingen), Monika Kolb M.A. (Stadtarchiv Weißenhorn), Dr. Elisabeth Plößl (Schwäbisches Volkskundemuseum Oberschönenfeld), Dr. Gerhard Böck (Heimatmuseum Krumbach), Dr. Ottmar Seuffert (Stadtarchiv Donauwörth), Franz Schreiber (Stadtarchiv Augsburg) und Karl-Hermann Werner (Schwäbisches Volkskundemuseum Oberschönenfeld) für ihre Beiträge zu diesem Begleitbuch. Im Hinblick auf den bescheidenen Kenntnisstand über die Kinogeschichte in Schwaben und Bayern kommt dieser Pionierarbeit erhebliche Bedeutung zu. Viele Fragen über Aufführungspraxis und Programmangebot, Publikum und staatliche Reglementierung sind noch offen und bilden eine lohnende Aufgabe für lokale und regionale Forschung. Aussagefähige Zusammenhänge müssen in mühevoller Kleinarbeit rekonstruiert werden.
Für die Umsetzung der vielfältigen und reichhaltigen Materialsammlung in ein didaktisches Konzept und in einen spannenden Ablauf der Ausstellung haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Volkskundemuseums wieder in hervorragender Weise zusammengewirkt. Die Redaktion des Begleitbuches besorgte Michael Ritter. Der Bezirk Schwaben als Träger des Museums hat die notwendigen Mittel bereitgestellt. Bezirkstagspräsident Dr. Georg Simnacher und die Bezirksverwaltung haben das Projekt nachhaltig unterstützt. Dafür sei aufrichtiger Dank ausgesprochen. Er gilt allen, die mit Leihgaben und mit Beratung das Projekt gefördert haben.
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Die Geschichte der Bildmedien ist nicht nur ein Kapitel der Technikgeschichte, sie umfaßt auch ein Stück Kultur- und Sozialgeschichte. Was in den Guckkästen noch Belehrung und Belustigung für wenige war, wurde mit dem Kinematographen zum Massenvergnügen und mit den fortschreitenden technischen Neuerungen schließlich zum Massenmedium, das wie kein anderes die Wahrnehmungsweise und das Freizeitverhalten beeinflußte.
Das Schwäbische Volkskundemuseum Oberschönenfeld hat mit diesem Thema Neuland in der volkskundlichen Forschung für Schwaben betreten. Ausstellung und Begleitbuch sind ein Versuch, die Geschichte der bewegten Bilder mit der modernen Medienwelt von Film und Fernsehen zu verknüpfen.
Voll
Neugier versammelt
sich das Volk
vor dem Guckkasten,
Kupferstich von
Johann Georg Hertel,
Augsburg, 18. Jh.